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Kerstin

03. Dezember 2021: Lebensrealitäten

Vor einiger Zeit (siehe auch hier) habe ich mal vom virtuellen Großraumbüro erzählt. Ihr erinnert Euch – um während des Homeoffices nicht in Einsamkeit zu verfallen und mit niemandem (außer der eigenen Familie) zu besprechen, was es denn zum Abendessen gibt, haben wir uns einen virtuellen Raum für ebendiese Gespräche geschaffen. Die laufen über den Chat, aber in der Regel haben wir eine Kamera an und können uns – eben wie im Großraumbüro – sehen und ein wenig am (Arbeits)Leben der anderen teilhaben.


Inzwischen kennen wir uns wirklich gut, haben mittlerweile zwei Schwangerschaften intensiv begleitet, Mutproben gemeinsam bestanden (ich musste Apfel mit Erdnussbutter essen, die Kollegin in Oxford Schokoladenei mit Maggi – wir hatten irgendwie versäumt ihr zu sagen dass man normale Eier statt Schokoladeneier mit Maggi isst und hatten wirklich viel Spaß, als wir sie nach der Kostprobe aufgeklärt haben) und die diversen Kinder kollektiv zu den Hausaufgaben geschickt. Man könnte also meinen, wir kennen uns und unsere Lebensrealitäten mittlerweile recht gut.


Aber es gibt doch immer wieder Überraschungen. Eine Kollegin des virtuellen Großraumbüros berichtete am Montag, ihre Waschmaschine sei kaputtgegangen. Sei aber nicht so schlimm, da habe sie eben die andere benutzt.

Ach so. Ja klar, ich habe auch immer eine Ersatz-Waschmaschine parat… Auf Nachfrage haben wir daraufhin gelernt, dass sie außerdem 4 Kühlschränke, 5 Öfen und – Achtung – 11 Gefrierschränke besitzt.


Nun ist es aber so, dass besagte Kollegin am Ende der Welt wohnt. Beziehungsweise am Ende Schottlands, genauer gesagt auf der Insel Sanday, die näher an den Shetland-Inseln liegt als an Glasgow. Das gibt nicht nur wöchentliche Nordlichter, sondern immer mal wieder auch Versorgungsengpässe. Wenn eine Fähre ausfällt, hat der Supermarkt der Insel gleich mal eine Woche nichts da. Und wenn man dann an einem solchen Welt-Ende 2 Menschen, 2 Hunde und eine Katze zu versorgen und ein Café und Pizzeria betreiben möchte (kann ja sein dass doch mal jemand vorbeikommt), dann muss man eben dafür sorgen dass der Laden auch ohne Fähre läuft. Immerhin brauchen sie da oben wohl keine Hinweisschilder wie in anderen Ecken der Welt – siehe Anhang.


Wieder mal was verstanden. Es gibt Menschen, Gegenden oder Situationen, in denen das Horten von Vorräten (incl. Klopapier?) durchaus sinnvoll ist. Es gibt sogar Menschen, die sich vollkommen freiwillig in solche Gegenden und Situationen begeben. Sogar außerhalb von Urlaubsreisen. Und das bedeutet überhaupt nicht, dass diese Menschen andere Menschen scheuen – im Gegenteil. Und da ist es doch toll, dass diese ansonsten so unsägliche Pandemie die virtuelle Interaktion so viel einfacher gemacht hat. Meine Kollegin am Ende der Welt kann nämlich so ganz normal an unserem Arbeitsleben teilhaben, sowohl professionell als auch sozial – siehe oben. Und ich lerne auf diese Weise nicht nur etwas über das Leben mit 11 Gefriertruhen, sondern kann gleichzeitig noch Nordlichter im Livestream beobachten.


Genießt das Wochenende!




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