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  • Kerstin

19. Februar 2021: Gemeinschaftsmail

Gemeinschaft rettet Leben. Das wissen wir alle aus Kinderbüchern (heiße, nostalgische Leseempfehlung: Swimmy von Leo Lionni), aus dem Biologieunterricht – und spätestens seit Beginn der Pandemie verstehen wir es auch ganz persönlich. Lockdown ist scheiße und nicht nur die Kids leiden körperlich und seelisch unter sozial-Entzug. Nach einem knappen Jahr im erzwungenen Homeoffice frage ich mich schon, wie andere Menschen damit so zurechtkommen, ohne die kleinen Gespräche an der Kaffeemaschine, den Raucherpausen (wers denn braucht) oder dem gemeinsamen Lunch, die den Arbeitstag erst den sozialen Touch geben, den wir Menschen so dringend brauchen.


Ich habe Glück: Gemeinsam mit 8-12 Kolleg*innen halte ich mich einen Teil des Tages im virtuellen Großraumbüro auf: alle sind im gleichen virtuellen „Raum“, haben die Kamera an, sofern die nicht gerade im Meeting verwendet werden muss, und den Gruppenchat auf. Über den unterhalten wir uns übers Wochenende, die besten Netflix Serien, beraten beim Hauskauf, beantworten kurze arbeitsrelevante Fragen und kommentieren die globalen Townhalls, die per Webcast an alle gebroadcastet werden. Wir kennen inzwischen sämtliche Hunde, Katzen, Partner*innen und Kinder, Essgewohnheiten und sonstige Vorlieben – also fast wie in normalen Büros vor Ort, mit dem einzigen Unterschied dass wir über knapp 10 Länder verteilt sind. Inzwischen gibt es sogar eine regelmäßige Stretch-Pause und die abendliche „whats for dinner“ Umfrage. Und wir alle fragen uns inzwischen außerdem, ob wir jemals wieder ohne unsere kleine virtuelle Gemeinschaft arbeiten wollen.


Eine dieser Chat-Unterhaltungen in dieser Woche war eine besonders interessante. Es ging um die Dinge, die wir einfach nicht verstehen. So sehr wir uns anstrengen, es geht nicht. Bei meiner Kollegin Alison ist das zum Beispiel Bratensauce. Was wiederum ich nicht verstehen kann – ich finde ja, es kann gar nicht genug Sauce am Essen geben. Ich verstehe dafür Weizenbier nicht. So gar nicht. (Dieses Geständnis brachte mir im Übrigen unter den nicht-deutschen Kolleg*innen prompt den Ruf ein, ich sei gar keine Deutsche. Dem kann ich jedoch entschieden widersprechen…)

Weiterhin gab es größtes Unverständnis einzelner Teilnehmender für Musicals, Clubbing oder Tom Cruise – was wiederum größtes Unverständnis einiger anderer hervorrief. Naja, bis auf Tom Cruise, da waren wir uns ziemlich einig.


Wir hatten jedenfalls ziemlich viel Spaß und einen großartigen Austausch über diese Dinge, die wir so fundamental unterschiedlich bewerten. Und ich habe es außerdem sehr genossen, wie wir diese Verschiedenheiten – einige sicherlich kulturell bedingt, andere einfach durch unsere Persönlichkeiten – so zelebrieren, ausdiskutieren und belächeln können. Das liegt daran, dass uns etwas anderes so viel mehr verbindet als Bratensauce oder Blauschimmelkäse uns trennt. Wir haben eine Gemeinschaft gebildet, in der wir unterschiedlich sein dürfen und offen sind, andere Sichtweisen und Vorlieben zuzulassen – und dabei geht es nicht nur um die vermeintlichen Kleinigkeiten des „I don’t get it“.

Solche Gemeinschaften sind in Zeiten von gesellschaftlicher Spaltung, Pandemien und anderer Unwägbarkeiten wirklich wichtig, finde ich. Mit dem Fokus auf das Gemeinsame ist es viel einfacher, die Unterschiede zu akzeptieren. Eine schöne bildliche Darstellung dieses Prinzips im Anhang (Sportwagen oder Kombi – Hauptsache Auto). Das Gefühl der Gemeinschaft rettet uns nämlich gerade durch die diversen Lockdowns dieser Welt.


Haltet durch!



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