top of page
  • Kerstin

30. Juli 2021: Achtung Opium

Was für ein Sommer. Es gibt wirklich alles: Überschwemmungen, Pandemien, Chemiepark-Explosionen und Bundestagswahlen. Schlimmer geht es kaum. Da brauchen wir dringend ein bisschen Opium fürs Volk. Wie passend ist es da, dass der eigentlich für 2020 geplante Super-Sport-Sommer erst in diesem Sommer stattfindet. Und wie! Nach der EM ist vor Olympia, jetzt sind wir tatsächlich mittendrin und ich kann mich – 13 Stunden Zeitverschiebung (bzw 11h, je nach Richtung) sei Dank – jeden Abend und jeden Morgen von TV-Bildern mit gut aussehenden, sich verausgabenden Sportlerinnen und Sportlern besudeln lassen, endlich mal andere Sportarten sehen als Fuß-, Foot-, Basket- oder Baseball. Das US-Fernsehen kredenzt mir bis zu vier Livestreams parallel (Fernsehen, Laptop, Handy 1 und Handy 2) und ich bin am Morgen ausgesprochen unausgeschlafen, weil Schwimmen, Rugby, Skateboarding und Volleyball (und Tischtennis. Und Rudern. Und Turnen. Ach und noch mehr. Ich warte noch darauf, dass Tauchen irgendwann olympisch wird. Gründe gibt es genug – siehe Anhang) mich wieder einmal in ihren Bann ziehen. Trotz Doping. Trotz leerer Ränge und ubiquitär verbreiteten Masken. Trotz des Wissens irgendwo im Hinterkopf, dass meine Begeisterung wieder mal einigen wenigen Menschen die Taschen füllt. Dem IOC sind die leeren Ränge herzlich egal. Schließlich sind es die TV-Übertragungen die das große Geld bringen. Und da brechen wir, die wir unser Volks-Opium konsumieren, gerade alle Rekorde.


Aber plötzlich kommt auch bei Olympia Sand ins Getriebe. Diesmal geht es nicht um auf dem Fußballfeld kollabierende EM-Teilnehmer oder verbotene Regenbogenflaggen. Sondern um Stars, die streiken. Zwei Sportlerinnen, die eigentlich die Spiele prägen sollten, sind plötzlich raus. Die japanische Tennisspielerin Naomi Osaka verliert sang- und klanglos irgendwo zwischen Runde eins und vier. Und die beste Turnerin aller Zeiten, Simone Biles, verlässt nach einer Übung das Team. Was beide gemeinsam haben: Druck. Und zwar so viel davon, dass sie buchstäblich darunter zusammenbrechen.

Läuft da etwas falsch?


Höher, schneller, weiter geht vielleicht doch nicht immer. Zuschauende vor Ort? Egal. Pandemie? Papperlapapp. Hauptsache die Protagonist*innen funktionieren und das zahlende TV-Publikum bekommt nach was es verlangt.


Vielleicht verlangen wir in Zukunft wieder mehr nach anderen Dingen und schaffen es, uns von den grotesken Auswüchsen der kapitalistischen Gesellschaft zumindest ein wenig zu verabschieden. Vielleicht finden wir den irgendwo unter den Haufen TV-Geldern vergrabenen olympischen Gedanken wieder: Die Jugend der Welt kommt zusammen um sich zu messen, sich auszutauschen, andere Menschen, Länder und Kulturen durch den Sport kennenzulernen und die Vielfalt unserer Gesellschaften wieder zu achten und zu schätzen.

Dann klappts auch mit dem Weltfrieden.


So. Und jetzt schnell zum Live Stream.


Sportliche Wochenendgrüße!




30 views0 comments

Recent Posts

See All
bottom of page