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26. Juni 2020: Licht und Schatten

  • Kerstin
  • Jun 26, 2020
  • 2 min read

Es ist dieser Tage ein wenig dunkel im Gemüt einiger Menschen. Zu viele Ereignisse, die einen Schatten auf das Leben werfen.

Eigentlich seltsam, das „Schatten“ so eine negative Konnotation hat, finde ich. Im Schatten ist es zwar dunkler als in der prallen Sonne, aber das muss ja nicht immer nur schlecht sein. Fragt mal die wenig pigmentierten unter uns. Überhaupt finde ich das viel zu einseitig, oder, um besser im Bild zu bleiben, viel zu schwarz-weiß gedacht. Es gibt schließlich nicht einfach nur Schatten. Viele – unter anderem ich selbst – halten sich mit Vorliebe im Halbschatten auf. Auf das Leben projiziert würde das bedeuten, dass wir Halbschattler uns nur dann wohlfühlen, wenn das sonnige Leben ein wenig getrübt wird? Oder wirft bei uns einfach schon etwas seine/ihre Schatten voraus? Dann wäre ich also jemand, die in der Zukunft lebt und denkt?

Alternativ könnte man sich ja auch in den Kernschatten verziehen. Da ist es richtig dunkel. Aber, zumindest wenn wir uns mal eine totale Sonnenfinsternis ansehen wollen, auch total schön.

Also, irgendwie klappt das mit der metaphorischen Bedeutung von Licht=gut und Schatten=schlecht nicht. Da sind wir wohl einer optischen Täuschung aufgesessen...Und im angehängten Bild ist es das Zusammenspiel aus Licht und Schatten, dass den obligatorischen Freitagsmail-Schmunzler überhaupt erst ermöglicht.

Im echten Leben ist das übrigens ganz genauso. Das kann ich beweisen – genau jetzt in diesem Moment. In nicht-COVID-Zeiten würde ich an einem frühen Donnerstagabend wahrscheinlich nicht auf dem Balkon sitzen, sondern im Auto, auf dem Rückweg von der Arbeit. Oder ich würde, wenn es besonders gut im Büro gelaufen wäre, vielleicht schon im Schwimmbad sein, um gemeinsam mit vielen anderen Menschen im Princeton Community Pool ein bisschen Entspannung zu suchen und Sonnencreme-Duft einzuatmen.

Nun aber sind es COVID-Zeiten, der Pool ist ebenso geschlossen wie das Büro. Daher darf ich kein Auto fahren, muss die Entspannung auf dem Balkon suchen. Und dann passiert es: Plötzlich werden die Schattenseiten zu Lichtblicken. Ich habe anstatt Sonnencreme-Chlor-Geruch Blütenduft in der Nase und statt Kindergeschrei Vogelgezwitscher im Ohr. Ich freue mich, dass mal wieder eines der unendlich vielen Chipmunks vorbeihuscht, sehe eins der noch zahlreicher vorhandenen Eichhörnchen durch die Bäume springen und hoffe, dass die beiden Rehkitze, die im Gebüsch gleich hinter dem Haus ihre Kinderstube haben, nochmal kurz im Vorgarten vorbeischauen. Die Vögel in New Jersey heißen Blue Jays, American Robins oder Northern Cardinal und bringen leuchtende Farbe in das satte Grün der Bäume, die überall um uns herum wachsen. Aus dem Schlafzimmerfenster kann man einige Kilometer weit sehen, bis zum Sourland Mountain – der nicht ganz so hoch ist wie die Hügel, nach denen er benannt wurde – und alles was man bis dahin sieht, ist grün.

Und da hüpft dann doch – trotz des „Schattens“ der misslichen Ereignisse im globalen, sozialen, gesundheitlichen und politischen Kontext – ein bisschen das Herz. Schatten geht eben nicht ohne Licht. Und das ist auch gut so.

Sonnige Wochenendgrüße aus dem Halbschatten!



Quelle: Facebook

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