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  • Kerstin

25. Juni 2021: Modenschau

Ich habe eingekauft. Oder, besser gesagt, einkaufen lassen. Das Kind des Hauses ist nämlich, seitdem nun endlich die 11 Wochen langen Ferien begonnen haben, im lokalen Schwimmteam, und beschwert sich lauthals, dass es jetzt früher aufstehen muss als zu Schulzeiten. Training ist nämlich morgens um 8, also gleich 1 ½ Stunden früher als die Schule normalerweise startet…aber praktischerweise sind die Kids dann um 9 Uhr wirklich wach, frisch gewaschen und bereit für einen aufregenden Tag im Summer Camp.

Für ein gutes Schwimmteam in den USA gehört es sich natürlich, dass eine passende Einkleidung erfolgt. Und so konnte man vor einigen Tagen bei einem fahrenden Händler die neuesten Schwimmmoden erwerben. Und die beste Frau der Welt, an dem Tag fürs Kindertaxi verantwortlich, war natürlich gleich dabei und wollte auch mir mit neuen Badeanzügen eine Freude machen.


Aber das ist ja nicht so einfach. Also grundsätzlich.

Wer ist eigentlich auf die Idee gekommen, für so ziemlich jedes einzelne Kleidungsstück unterschiedliche Kleidergrößen zu erfinden??

Mal ehrlich. Das ist doch ein riesiges Chaos. Das reicht ja schon, wenn man sich nur in einem Land aufhält. Da gibt es zunächst mal eine Oberteilgröße, mit der man Blusen, T-Shirts und Pullover kaufen kann. Dann lernt man irgendwann, dass Hosen völlig anders sind und man sich zumindest eine Zahl für den Bauchumfang und eine für die Beinlänge merken muss. Dazu kommen Schuhe – die nächste Zahl; dann zumindest für uns Frauen manchmal noch ein BH – Zahlen und Buchstaben, deren Bedeutung einem als Teenager niemand erklärt wenn es drauf ankommt. Und als ob das alles nicht genug wäre, gibt es dann noch jegliche Kleidung in S, M und L, mit wahlweise einem oder mehreren X‘en davor. Ach ja, nicht zu vergessen: Bei Hosen und Oberteilen gibt es natürlich unterschiedliche Messzahlen in der Herren- bzw. Damenabteilung. Und Adidas-Schuhe sind immer kleiner als Schuhe anderer Marken, obwohl die gleiche Größe draufsteht.


Das habe ich mir ja mit den Jahren alles irgendwie beigebracht. Und dann geht es plötzlich ab ins Ausland – und spätestens dann fällt auf, dass nicht nur die Amis meinen, eigene Größen zu erfinden (siehe auch die Freitagsmail vom 3.12.2020), sondern dass praktisch jedes Land der Welt ein eigenes Klamottensystem entwickelt hat. Auf den Zettelchen in den Klamotten stehen mindestens 5 verschiedene Größenangaben – nur die US-amerikanischen und die Deutschen Größen sind NIEMALS gemeinsam angegeben.


Beim Badeanzug-Kauf bedeutete das also:

  1. Textnachricht: ich muss in meinen alten Anzügen verifizieren, welche (deutsche) Größe denn eigentlich die richtige ist;

  2. Foto des Zettelchens im deutschen Badeanzug wird geschickt, kritisches Betrachten der real vorhandenen Ware auf der anderen Seite

  3. Größe gefunden – Realisierung dass die Größen wohl nicht die gleichen sind

  4. Hektisches Abgleichen von Größen auf beiden Seiten der Telefonleitung (das Schwimmtraining ist nur 40 Minuten und die Schlange beim fahrenden Händler lang) – auf der einen Seite im Gespräch mit umstehenden, teilweise aus EU-Ländern stammenden schwimm-eltern, auf der anderen Seite mit Dr. Google.

  5. Unterschiedliche Ergebnisse auf beiden Seiten der Telefonleitung, welche Größe denn nun die richtige sein könnte

  6. Pragmatische Entscheidung: wir setzen darauf, dass die beste Frau der Welt richtig schätzt (damit hätten wir alle vorherigen Schritte auch lassen können)


Ich bin ganz sicher: Die Bekleidungsindustrie verwirrt uns extra. Das macht doch bestimmt einen Großteil des Umsatzes aus, diese falsch geschätzten Schätz-Käufe. Allein die Länge des Wikipedia-Artikels zum Thema Konfektionsgrößen sagt eigentlich alles.

Und was sagt uns das?

Vielleicht fordert es uns zumindest dazu auf, wenn es schon keine globalisierte Kleidergröße gibt, dass wir dann eben im Kleinen unsere Lösungen finden müssen. Die perfekte Schätzung der besten Frau der Welt zum Beispiel. Oder – noch pragmatischer: Im Shop um die Ecke ganz offline anprobieren und einkaufen. Das gibt nicht nur Sicherheit bei der Größenauswahl, sondern stärkt im besten Falle auch noch ein lokales Business. Und ganz ehrlich: Da findet man doch sowieso viel eher die wirklich extravaganten Einzelstücke, nicht bei Amazon und Co.


Genießt das Wochenende! Ich geh schwimmen.




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