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23. April 2021: Missverstanden

  • Kerstin
  • Apr 23, 2021
  • 2 min read

Wir hatten vor kurzem Besuch (natürlich COVID konform mit Maske und Lüften und allem drumherum, versteht sich). Von „echten“ Amerikanerinnen! Das ist ja wirklich nicht so einfach, außerhalb des Arbeitsplatzes und der Nachbarschaft echte Beziehungen zu den locals aufzubauen. Aber hier hat es funktioniert, und wir waren wirklich happy. Eine Mutter mit ihrer Tochter, mit der das Kind des Hauses sich bei der Nachmittagsfreizeit angefreundet hat. Es war ein wirklich schöner Nachmittag, und die beiden sind sogar länger geblieben als wir erwartet hatten – meist sind Nachmittagsverabredungen auf etwa 2h begrenzt. Als wir nach knapp 4 Stunden vorsichtig andeuteten, dass wir bald etwas essen müssten (wir hatten irgendwie das Mittagessen vor Ankunft des Besuchs vergessen – kurz vor Hangry), waren die beiden auch ganz höflich und beinahe schneller durch die Tür als wir gucken konnten. Wir konnten danach essen und waren wirklich happy, einen so schönen Nachmittag mit unseren neuen Freundinnen verbracht zu haben.


Letzte Woche kam dann – am Rande der oben genannten Nachmittagsfreizeit – das Gespräch zwischen Ellen und ebendieser neuen Freundin wieder auf den Besuch, den wir bis dahin nicht wiederholt hatten. Dabei platzte eine kleine Bombe: Unser Besuch hatte sich durch unsere vorsichtigen Andeutungen bzgl. unseres Hungergefühls offenbar subtil herausgeworfen gefühlt. Mehr noch: Natürlich hatten wir die beiden zur Tür begleitet und standen im Flur, während Jacken und Schuhe angezogen wurden. Auch dadurch, und durch Interpretation unserer Körpersprache wähnten die beiden sich regelrecht zur Tür hinausgeschoben und hatten daher gedacht, uns hätte der Besuch überhaupt nicht gefallen. Und wir wollten einfach nur freundlich sein und sichergehen, dass wir ihnen Wertschätzung bis zur Türschwelle entgegenbringen.


Ich bin immer noch ein bisschen geschockt, wie unterschiedlich ein- und dieselbe Situation empfunden werden kann. Wir waren nach dem Besuch wirklich happy, die beiden anderen wirklich traurig – einfach nur, weil wir gelernt haben, wie man sich in bestimmten Situationen zu verhalten hat. Und das kann, je nach Kulturkreis, eben sehr unterschiedlich sein.


Da sieht man‘s. Selbst wenn man sich mit kulturellen Unterschieden viel beschäftigt (und ich behaupte von mir, wirklich viel darauf zu achten) – in der Realität kommt es trotzdem zu Missverständnissen, die unter Umständen Freundschaften zerstören kann.

In diesem Fall war ich heilfroh, dass unser Besuch nicht nur den Mut, sondern auch die passenden Worte hatte, um das anzusprechen, ihre Perspektive der Situation zu schildern und uns damit die Möglichkeit gab darauf zu reagieren. Mein erster Impuls war, als ich das alles hörte: Was erzählt die denn für einen Quatsch, man KANN unser Verhalten doch gar nicht missverstehen.


Doch.


Und das ist für mich die wichtigste Erkenntnis aus dieser kleinen Geschichte. Selbst wenn ich die andere Perspektive nicht verstehen kann, ist sie aber trotzdem da. Und ich kann, wenn mir etwas daran liegt den daraus resultierenden Konflikt zu lösen, das so annehmen und sehen, was ich daraus für mich ableiten kann. In diesem Falle konnten wir alles mit viel Kommunikation lösen (im Anhang übrigens ein schönes Beispiel wie man auf unterschiedliche Weisen die gleiche Botschaft kommunizieren kann. Das verstehen doch wirklich alle). Und ich kann beim nächsten Mal sowohl verbal als auch nicht-verbal besser auf unseren Besuch eingehen – sogar ohne dass ich dabei meine Überzeugungen oder Prinzipien über Bord werfen muss. Denn der Rest des Nachmittags war schließlich richtig schön und entspannt. Und der nächste Besuch wird es ganz sicher auch.


Geläuterte Wochenendgrüße!




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