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  • Kerstin

22. Mai 2020: Das Tor ist rund

Was haben Deutschland und Weißrussland eigentlich gemeinsam? Nicht sehr viel, sollte man meinen. Politisch jedenfalls könnten beide Länder kaum weiter auseinander liegen. Während Deutschland noch immer eine der Vorzeige-Demokratien Europas ist, gilt Weißrussland seit Jahren als die letzte echte Diktatur des Kontinents. Und auch sonst fallen spontan eher die Unterschiede als Gemeinsamkeiten auf.

Seit letztem Wochenende aber ist alles anders. Die beiden Länder sind praktisch zu Oasen in der globalen Virus-Krise geworden. Warum? Weil einige geldgierige, korrupte alte weiße Männer es nicht aushalten konnten ihre in normalen Zeiten lukrativen Geschäfte nicht mehr durchziehen zu können. Nicht dass man(n) sich am Ende noch wie kleine Einzelhandelnde fühlen und um die (Luxus-)Existenz fürchten muss. The Show must go on, in Weißrussland wie in good old Germany.

Der (Fuß)Ball rollt. Einziger Unterschied: in Deutschland hat man immerhin zwei Monate so getan als halte man die (Corona)Regeln ein und sorge sich um die Risikogruppen, die Bundesligaspieler und die Fans.

Die deutsche Fußballseele lebt also wieder. Mit interessanten Regeln und noch interessanterem Verhandeln hinter den Kulissen. Die Sportler selbst werden schonmal gar nicht gefragt, ob sie bereit sind zu spielen. Wer nicht mitmacht, hat Pech gehabt. Hauptsache der Ball, äh, Euro rollt.

Trainiert wird nach den von den nicht spielenden Funktionären festgelegten Regeln in Quarantäne – für den Rest der Saison dürfen Spieler und Trainer zwischen Hotel, Trainingsgelände und Stadion pendeln. Blöd, wenn man seine Zahnpasta nicht mitnimmt und beim verbotenen Gang zum Supermarkt erkannt wird.

Bis zum Aufwärmen haben die Spieler Mundschutz zu tragen. Während der 90 Minuten auf dem Feld darf dann aber gerempelt, gegrätscht und gerangelt werden wie immer. Die Fans dürfen bei dem ganzen Spektakel nicht ins Stadion – was den Funktionären nur Recht ist. Die TV-Gelder sind schließlich viel lukrativer für den DFB als die verkauften Tickets im Stadion. Im Fernsehen kann man die Tonspur der jubelnden Fans ja einfach drüberlegen. Und während die Profis (für ein auch nicht zu verachtendes Jahresgehalt) in leeren Stadien spielen (müssen), müssen Eltern ihren verzweifelten Kindern erklären, warum diese nicht auch endlich wieder dürfen…

Mal ehrlich. Ich bin wirklich große Fan von Sport aller Art – aktiv wie passiv. Aber unter solchen Umständen verliere sogar ich die Lust daran. Und finde es gerade gar nicht (mehr) so schlimm, die samstägliche Sportschau nicht sehen zu können und den geldgierigen alten weißen Männern die Einschaltquoten zu bringen die sie erzwingen möchten. Für mich passt das eher in eine weißrussische Diktatur.

Wer derzeit eine etwas erquickendere Art von Sport im Fernsehen schauen möchte, dem empfehle ich die Amazon-Doku „Running for Good“. Da geht es um die Dinge, die mich am Sport faszinieren: mentale Stärke, Ehrgeiz und – ja, da gibt es auch – Demut.

So. Wer nach dieser mal so gar nicht lustigen Freitagsmail nach einem bisschen Motivation sucht, findet diese hoffentlich im Anhang. Bei mir hat es geklappt: Ich gehe ich zum Einstieg ins lange Wochenende jetzt erstmal joggen.



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