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  • Kerstin

17. September 2021: Feministinnen-Freitagsmail

Gestern: Es ist Donnerstagabend. Wie gewohnt treffe ich nach der Arbeit einige Kollegen zum Fußballspielen auf einem nahegelegenen Platz. Wie gewohnt bin ich die einzige Frau, was mir wenig ausmacht, denn zum einen sind die Jungs fast alle wirklich nett und zum anderen ist es nun wirklich egal. Hier geht es schließlich einfach nur um den Spaß, nicht um irgendwas zu gewinnen. Auch wenn der eine oder andere das im Eifer des Gefechts manchmal vergisst.


Es geht los, wir spielen sechs gegen sechs. Nach nur wenigen Minuten meint aber dann ein übereifriger, testosteron-überlaufender Muskelprotz ohne Haupthaar aus der gegnerischen Mannschaft, mal mit Vollspann und ohne hinzuschauen den Ball kräftig nach vorne zu dreschen. Blöd dass ich etwa zwei Meter vor ihm stand. Man könnte sagen: Volltreffer. Der Ball landet mit bestimmt dreistelliger km/h Geschwindigkeit genau zwischen meinen Augen. Eigentlich schade dass wir nur zum Spaß spielen, ansonsten hätte der Typ ganz sicher eine rote Karte bekommen.

Naja. Ich sehe eine Achtelsekunde gar nichts, dann relativ viele Sterne und beschließe, erstmal auf dem Rasen liegen zu bleiben. Relativ bald stellen wir alle gemeinsam fest dass die Nase offenbar nicht gebrochen ist und auch nichts blutet. Ich nehme mir trotzdem erstmal eine kleine Pause am Rand und atme tief durch. Als ich merke dass es mir grundsätzlich gut geht, ist mir sehr schnell klar: Na warte. So schnell lass ich mich nicht vom Platz kicken. Also zurück auf den Rasen mit viel Adrenalin und dem Gedanken: Jetzt erst recht! 5 Minuten später mache ich das erste Tor für meine Mannschaft – und tanze dabei den übereifrigen, testosteron-überlaufenden Muskelprotz ohne Haupthaar noch richtig aus. Nimm das!!


Nochmal 5 Minuten später. Ein anderer Spieler bekommt den Ball kräftig ans Bein und jammert. Mit Seitenblick auf mich sagt er: „Das tut so weh, wie kann man das denn aushalten wenn er ins Gesicht geht!?“. Da habe ich nur eine trockene Antwort parat, die ich gerne extra laut rauslasse: „Ich bin halt eine Frau“. Die andern Jungs grinsen heftig, und ich habe gleich den zweiten „Nimm das“ Moment. Und mache fast noch einen Treffer.


Meine Wut hat mich nicht nur mutig, sondern auch noch schlagfertig gemacht. Ich habe nicht immer in der richtigen Situation einen guten Spruch auf Lager, aber als ich diesmal einen hatte, hat mich das innerlich mindestens 2 cm grösser gemacht. Und ich habe eine Menge Zustimmung, Unterstützung und Respekt von den Herren auf dem Platz erhalten. Ich glaube ich habe noch nie so viele Pässe zugespielt bekommen wie gestern… Und gegen die Kopfschmerzen gibt es ja was in der (Haus)Apotheke.


So, Mädels. Lasst Euch nicht anschießen, unterbuttern oder bemitleiden! Und wenn doch: Zeigt es den Jungs! Wir alle haben unsere Superpower, mit denen wir uns den Platz nehmen können den wir haben möchten – allein oder im Team. Und mit ein bisschen Glück verstehen das am Ende sogar die testosteron-überlaufenden Muskelmänner.


Feministische Wochenendgrüße!




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