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  • Kerstin

17. Juli 2020: Verloren

Seit wenigen Wochen ist die Fußball Bundesliga vorbei für die Saison 2019/2020. Nicht dass sie besonders spannend gewesen wäre – Spiele ohne Zuschauer (die ich immer noch fragwürdig finde), der Fc Bayern gewinnt zum 8. Mal in Folge, Fortuna Duesseldorf geht wieder dahin wo es hingehört (2. Liga), der FC beendet die Saison im Niemandsland – also irgendwie langweiliger Einheitsbrei. Gewonnen haben dabei die alten weißen Männer, die abkassieren. Verloren haben die Sportfans.

Verlieren.

Dieses Wort macht mich traurig, sobald ich es höre – so viel negative Stimmung, nur durch ein paar Buchstaben. Also muss ich, die krankhafte Optimistin (diese Bezeichnung kommt übrigens nicht von mir. Das hat ein Freund über mich in der Abizeitung geschrieben), das mal gerade ändern.

Wenn wir nämlich mal genau überlegen, birgt „verlieren“ auch eine ganze Menge Positives in sich. Zum Beispiel dann, wenn wir dem Wort ein „sich“ voranstellen. Man kann sich verlieren, in Dingen, die so spannend, aufregend, anregend sind, dass man gar nichts anderes mehr möchte und man selbst plötzlich gar nicht mehr wichtig ist.

Gut ist auch, wenn man etwas verliert, was man gar nicht mehr haben möchte. Zum Beispiel ein paar überschüssige Kilos um die Hüften. Oder die Telefonnummer des schleimigen Typen aus der Bar vom letzten Samstag (was zugegeben in Coronazeiten ein schlechtes Beispiel ist. Aber Ihr wisst schon was ich meine).

Verlieren trägt aber noch andere Geheimnisse in sich. Wenn wir uns zum Beispiel nochmal am Anagrammen versuchen (Anleitung zu finden in der Freitagsmail vom 17.4.), kommen wirklich ermutigende Ergebnisse zutage: Wir sind bei Viren leer – was wollen wir denn mehr derzeit. Und vier Erlen sind ja auch ein Anblick, in dem man sich verlieren könnte.

Verlieren im eigentlichen Sinne ist in seiner Bedeutung recht nah verwandt mit Vermissen. In bestimmten Situationen werden beide Begriffe sogar gleich gesetzt. Ich vermisse meine Uhr/meinen Ball/meine Schuhe/meine Kette (sucht Euch was aus) ist ein Standardsatz des Kindes im Hause, immer dann wenn sie etwas verloren hat.

Wenn wir nun aber die sich eben noch überschneidenden Bedeutungen auseinanderziehen und weiterdenken, wird Vermissen plötzlich zu etwas ganz anderem (Achtung, Englisch! Funktioniert auf Deutsch aber genauso). Genauere Erläuterung im Anhang. Faszinierend, was Sprache so alles kann.

Was nun die beendete Fußball Bundesliga-Saison betrifft: Da hält es sich mit dem Vermissen wahrlich in Grenzen. Vielleicht habe ich in dieser Saison doch zu viel (Spaß) verloren mit den veränderten Umständen, die ausschließlich auf Kommerz ausgerichtet sind. Und durch genau diese Umstände ist der Verlust nun wirklich nicht negativ.

Schönes Wochenende!



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