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Kerstin

08. Oktober 2021: Alles geregelt

Wir mussten diese Woche einen Behördengang machen. Das hört sich erstmal unspektakulär an. Behördengänge, zumindest die, die ich aus Deutschland kenne, sind in der Regel langweilig, zeitintensiv und benötigen intensive Vorbereitung. Denn wenn man den Beamt*innen in Deutschland nicht alle benötigten Unterlagen (im Original bitte) mitbringt, kann man gleich wieder gehen. Alles irgendwie vorherseh- und damit sehr gut planbar. Es gibt schließlich klar geregelte Regeln, die in der Regel nicht verändert werden. Regelbruch ausgeschlossen, zumindest von der Seite der Beamt*innen. Bittstellende können selbstverständlich die Regeln brechen, bekommen aber dann eben nicht worum sie bitten. Easy.


Nun sind wir hier in den USA aber irgendwie in einer anderen Situation für die Behördengänge. Hier geht es für uns schließlich nicht um eine einfache Beglaubigung oder einer Personalausweisverlängerung. Hier sind wir plötzlich Bittstellerinnen, um in diesem Land leben zu dürfen, und das fühlt sich doch ziemlich viel existenzieller an – obwohl wir in dieser extrem privilegierten Situation sind, im schlimmsten Fall einfach in unsere Heimatland zurückkehren zu können, ohne dass es uns irgendwelche nennenswerten Nachteile bringen würde.


Vor etwa drei Wochen flatterte endlich die Nachricht ins Haus, dass wir uns im Rahmen unseres Green Card Prozesses zum Fingerabdruck dalassen zur Behörde zu begeben haben. Ein zweiseitiger Brief ohne Unterschrift, mit furchtbar klein gedruckter Schrift und sich furchtbar streng anhörendem Text, der beim Lesen nicht mal in Gedanken Widerspruch duldete. Mit Datum und Uhrzeit, die nicht verhandel- oder verschiebbar ist. Man darf nicht zu früh sein, muss das Handy ausschalten, darf keine Fotos machen und keine offenen Wunden haben. Und selbstverständlich gibt es klare Anweisungen, welche Unterlagen mitzubringen seien.

Nach dem Verarbeiten aller dieser Infos (und der zwischen den Zeilen) ist für mich klar: Wenn wir irgendeinen Fehler machen, sind wir raus. Rien ne va plus, vielleicht nicht ganz so wie im angehängten Bild, aber beinahe. Vielleicht müssen wir gleich ins nächste Flugzeug steigen und das Land verlassen. Na gut, mein rationales Ich weiß natürlich dass mein emotionales Ich gnadenlos übertreibt. Mulmig macht es dennoch.


Und dann? Wird aus dem visualisierten Besuch bei grimmig dreinschauenden, bis an die Zähne bewaffneten Beamt*innen und überfüllten Warteräumen mit hunderten Bittstellenden in einem fensterlosen Gebäude mit dreckigen Toiletten ein netter Ausflug in eine bestens organisierte Behörde, die uns an drei Check Points vorbei praktisch geradewegs zu den Fingerabdrücken schickt und uns ohne irgendwelche Probleme gut 15 Minuten später wieder nach Hause schickt. Und die sogar saubere Toiletten hat. Da musste ich nach dem ganzen emotionalen Vorbereitungs-Stress dann nämlich erstmal hin.


Also. Wieder mal was gelernt. Dass es sich – nicht nur bei Behörden – lohnt, sich nicht vom ersten Eindruck leiten (stressen) zu lassen, sondern den Dingen, Menschen oder Zuständen erstmal eine Chance zu geben. Meistens kommt es nämlich doch viel besser als man denkt.


Base-gechillte Wochenendgrüße!




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