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  • Kerstin

06. August 2021: Zielgerade

Der Weg ist das Ziel. Das meinte jedenfalls Konfuzius vor etwa 2500 Jahren.


Also ich weiß nicht ob das so stimmt. Wenn ich die laufenden, schwimmenden oder fahrenden Olympioniken fragen würde, bekäme ich sicher eine andere Antwort. Da ist das Ziel eine weiße Linie auf dem Boden, der Beckenrand oder so ein gespanntes Band, in das man hineinläuft.

Bei uns auf der Arbeit ist das mit dem Ziel auch so eine Sache. Da gibt es ja nicht nur eins, sondern gleich mehrere, die wir zu Beginn des Jahres festzulegen haben und am Ende des Jahres dazu bewertet werden und je nach Einkommensklasse kleine, ansehnliche oder (in der VW-Chefetage) millionenschwere Boni ausgezahlt bekommen. Na gut, der Prozess der Zielsetzung, Überprüfung und Bewertung ist schon so aufwändig, dass der gesamte Weg durch ebendiesen schon als Erfolg bezeichnet werden kann, wenn man ihn irgendwann halbwegs beherrscht. Also doch ein Weg, der irgendwie auch ein Ziel ist.


Die Frage ist ja, was wichtiger ist. Weg oder Ziel? Geht das eine überhaupt ohne das andere?

Die Mehrheit der Amis würde wahrscheinlich sagen: klar! Da werden wahnsinnig kreative Ideen gesponnen, Ziele formuliert und Strategien festgesetzt – das mit dem Weg dahin wird aus Sicht unserer amerikanischen Freundinnen und Freunde allerdings komplett überschätzt. Wir können schließlich auch ohne Straßen und Wege zum Ziel kommen. Das gibt uns maximale Freiheit. Und mächtig Chaos.

Wir Deutschen machen das eher andersrum: Ziel schön und gut, so eine grobe Idee ist sicherlich nicht schlecht. Aber der Weg!! Der muss im Detail geplant und für alle vollkommen klar sein. Und wehe da kommt jemand und möchte den mühe- und liebevoll geplanten Weg nicht einhalten! Blöd nur, wenn das Ziel sich im Laufe der Zeit ändert und der so minutiös geplante Weg zwar total klar, aber eben nicht mehr zielführend ist.


Ein schönes Beispiel für eine Weg-Ziel-Inkongruenz im Anhang. Zur Erläuterung: die (Eisenbahn)Brücke auf dem Bild ist für Fußgänger nicht begehbar... Offenbar muss man hier also die amerikanische Variante wählen und kreativ in der Weggestaltung sein. Herzlichen Dank an Sophia B. für diesen Schnappschuss!


Für mich persönlich gehören Weg und Ziel jedenfalls zusammen. Ohne Ziele wird es irgendwann langweilig auf dem Weg, der sich Leben nennt. Und ohne wenigstens eine Idee für den Weg zu haben, ist ein gestecktes Ziel eine gefühlt zu große Herausforderung und die Motivation schwindet.

Vielleicht ist eine deutsch-amerikanische Mischung in diesem Falle der perfekte Kompromiss. Ein paar Ziele, eine klar definierte Richtung, und genug Freiheit um diese auch mal zu wechseln und anzupassen. Denn nicht nur erreichte Ziele sind toll, sondern auch die kleinen Dinge am Wegesrand. Und das wusste schon Konfuzius.


Genießt das Wochenende!




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