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  • Kerstin

05.März 2021: Klartext

Derzeit habe ich das Gefühl, wir haben ausnahmsweise mal Glück, während der Pandemie diesseits des Atlantiks zu leben. Die Johnson & Johnson Impfung ist seit Samstag in den USA Notfall-zugelassen und bringt gleich die Prognosen rauf (16% der Amis haben inzwischen mindestens eine Impfung erhalten, angeblich soll es bis Ende Mai für alle genug Impfdosen geben); Geschäfte, Friseure und Restaurants haben auf; und nach gut 10 Monaten Homeschooling dürfen die Kids hier bei uns seit Mitte Januar bereits wieder in der Schule sein (zumindest halbtags, 4 Tage die Woche – aber definitiv derzeit besser als im deutschen Lockdown).

Und das macht so richtig viel mit dem Kind des Hauses. Endlich lernt sie ihre Klassenkamerad:innen persönlich kennen, zum ersten Mal sehen sie sich im „echten“ Leben außerhalb von Google Meet.

Seit Beginn der Woche hat das Kind des Hauses nun auch wirklich keine Zeit mehr, mit uns beim Mittagessen Konversation zu betreiben. Denn im Breakout Room des besagten Google Meets warten bereits ihre beiden bffs aus der Klasse, mit denen sie Vormittags im echten Leben und nachmittags am Computer Projektarbeit betreibt. Dabei wird buchstäblich jede freie Minute genutzt, um die gemeinsam erdachte Geschichte per slide share rechtzeitig fertig zu schreiben, bevor eben dieser Breakout Room wieder geschlossen wird und der virtuelle Nachmittagsunterricht beginnt.


Plötzlich ist es also wieder da. Soziale Interaktion die, wenn sie zumindest real beginnt, dann ohne weiteres virtuell weitergeführt werden kann. Auf einmal ist das Kind des Hauses doppelt motiviert. Und engagiert. Und zielstrebig. Und seit ein paar Tagen übrigens auch Präsidentin.

Wirklich. Wir haben auch erst ein wenig irritiert geschaut, aber es war wohl sehr eindeutig. In der Klasse wurde die Präsidentin gewählt (wovon habe ich nicht genau verstanden, aber das tut auch nichts zur Sache) und das Kind des Hauses hat alle Stimmen bekommen. Und die anderen Kinder dann zu Vizepräsident:innen gemacht. Als wir sie gefragt haben, wie sie das geschafft hat, hat sie uns erklärt, dass das ja mal gar nicht schwer war: Sie hat einfach allen gesagt dass sie das werden möchte. Und da haben die anderen sie eben gewählt.


Seltsam, dass ein so einfacher Vorgang für uns größere oftmals so schwer zu verstehen (oder umzusetzen) ist. Dabei ist es doch eigentlich so einfach: Wenn wir wissen, was jemand anders möchte, dann ist es für uns doch (sofern wir die andere Person halbwegs mögen) selbstverständlich, diesen Wunsch, diese Ambition zu unterstützen. Statt dessen warten wir aber oft darauf, dass jemand anders unsere Wünsche errät und unsere gute Arbeit, unsere gute Absicht von selbst erkennt und fördert. Und ärgern uns am Ende, wenn jemand anders bekommt was eigentlich wir selbst haben möchten.


Also, wieder mal können wir von den lieben Kleinen lernen: Einfach mal Klartext reden. Und staunen, was das so bewirken kann. Da wird man zur Präsidentin (das hat der orangenhäutige Idiot auch so gemacht…lasst uns die orangenhäutigen Idioten dieser Welt verdrängen!!), man bekommt den Traumjob, die Gehaltserhöhung oder das extra Training welches man sich gewünscht hat. Oder es gibt die Rückenmassage, die dringend nötig ist und der/die Partner:in irgendwie nicht von selbst bemerkt.


Ich bin mir sicher, dass auch der „Klartext“ im Anhang aus einem Audit vor einigen Monaten zur erwünschten Reaktion geführt hat – herzlichen Dank an Navin für diesen Schmunzler!


Ermutigende Wochenendgrüße!




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