10. Juli 2020: Achterbahn
- Kerstin
- Jul 10, 2020
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Achterbahnen sind ja was tolles. Also zumindest für diejenigen, die einen stabileren Magen haben als ich…aber darüber will ich heute eigentlich gar nicht schreiben. Mageninhalte werden mal ein Thema in einer zukünftigen Freitagsmail, versprochen – was für eine schöne Idee.
Aber jetzt mal zur metaphorischen Achterbahn. Die erste Hälfte des Jahres war ja praktisch auch eine Hälfte Achterbahn. Allerdings vorwiegend der Teil, der nach unten schnellt, wenn wir das große Ganze des Weltgeschehens in 2020 betrachten.
So. Und jetzt schauen wir uns das Ganze mal nicht absolut, sondern relativ an. Wenn wir einzelne Menschen befragen, dann stimmen zwar alle sicherlich zu, dass es der Welt nicht gerade rosig geht. Aber was das für die einzelnen Individuen bedeutet, ist doch sehr unterschiedlich. Das zeigt eine kürzlich veröffentlichte Studie sehr schön: Seit Beginn der Corona-Regeln gibt es eine ganz deutliche Abstufung der Stresslevel: Am besten geht es den kinderlosen Paaren, die oft sogar weniger Stress haben als zuvor; gefolgt von Familien mit Kindern (innerhalb derer geht es übrigens den meisten Männern ziemlich gut, den Frauen eher nicht so), und am unteren Ende der Wohlergehen-Skala sind die Alleinerziehenden – vorzugsweise mit kleinen Kindern. Man könnte also sagen: Corona fördert Ungleichheiten und legt denen, die es ohnehin schon schwer haben, noch einen weiteren Stein in den Weg. Sehr schade, und – ganz am Rande – mal was zum Nachdenken zum Thema (Un)Gerechtigkeit für uns alle.
Wer mit diesem Hintergrund übrigens die Ergebnisse der täglichen „wie geht es ihnen“-Umfrage der Zeit anschaut, versteht auch, warum seit den COVID-Restriktionen die allgemeine Stimmung unter den Zeit-Lesenden deutlich nach oben gegangen ist: Die Menschen, die Zeit haben, die Zeit zu lesen, sind auch die, die jetzt mehr Zeit für Dinge haben, für die sie immer schonmal Zeit haben wollten. Achterbahn andere Hälfte sozusagen. Es sei ihnen gegönnt – ich würde es allen anderen allerdings auch wünschen.
Ich habe mich diese Woche etwas unfreiwillig im Schnelldurchlauf den Selbstversuch gestartet, wie sich einige der oben beschriebenen Gruppen in COVID-Zeiten so fühlen. Das ist ja meistens so, dass zu Beginn die Achterbahn gaaaanz langsam den Berg rauf klettert, in (freudiger?) Erwartung des Nervenkitzels bei der Talfahrt. Am letzten Wochenende ging es los, mit relaxten 4th of July BBQ und einem Glühwürmchen-Feuerwerk im Wald. Ganz oben waren wir Anfang der Woche, als das Kind des Hauses ENDLICH ins Summer Camp und nach Monaten wieder mit Kindern zusammen sein durfte, und wir zu Hause ENDLICH wieder den ganzen Tag arbeiten durften – und das ohne Fahrerei. Kinderloses Paar Gefühl.
Dienstagabend war die Achterbahn ganz offensichtlich oben angelangt. Wohin geht es dann? Genau…die rasante Abfahrt äußerte sich in der Mitteilung, dass ein Teilnehmer des 4th of July BBQ einen positiven COVID-Test aufwies. Die Konsequenz für uns: Kein Summer Camp, kein arbeiten, statt dessen Quarantäne, Kindertränen und die Suche nach einem Schnelltest. Schnell bedeutet in diesem Fall: Mindestens eine Woche. Argh…wo war nochmal der Ausstieg!?
Nach einem Tag am Ein- und Ausstiegspunkt habe ich aber dann beschlossen, einfach sitzen zu bleiben in meiner Achterbahn des Lebens. Kneifen gilt nicht. Schon gar nicht wenn wir alle gar keine Symptome und ziemlich sicher auch keinen Virus haben…
Jetzt geht es also wieder bergauf. Und oben ist – auch in der Achterbahn – die Aussicht ja am schönsten.
Schönes Wochenende!


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